Zinssenkungen in 2024 denkbar
Trotz aller Krisen erholte sich der DAX im 35. Jahr seines Bestehens in der Jahresbilanz von 2023 deutlich und verzeichnete mit +20% ein starkes Börsenjahr, das zuvor so kaum erwartet wurde. Zur Jahresmitte stieg der deutsche Leitindex bereits auf neue Höchststände, bevor im dritten Quartal Aktien deutlicher korrigierten. Eine spürbare Kurserholung zum Jahresende mit dem Ausblick auf wieder sinkende Leitzinsen setzte den DAX im Dezember erneut auf ein neues Allzeithoch mit rund 17.000 Zählern.
Mehr als zwei Drittel der 40 Aktien im DAX gewannen 2023 an Wert. Am besten entwickelten sich der in den DAX aufgestiegene Rüstungskonzern Rheinmetall mit +54%, gefolgt vom Baustoffhersteller Heidelberg Materials (+53%) sowie SAP und der erholten Adidas-Aktie (je +45%). Neben SAP konnten auch die Aktien von Siemens solide zulegen (+30%), so dass diese beiden Unternehmen zu den 100 der teuersten börsennotierten Konzernen der Welt zählen. Weltweit führend sind hier Apple vor Microsoft. Im Vorjahr war kein deutscher Konzern in den Top 100. Zu den Verlierern im DAX zählt erneut der Online-Händler Zalando (-36%). Daneben verloren auch Siemens Energy (-32%) und Bayer (-31%) deutlicher.
Das gute Börsenjahr im DAX steht dabei etwas im Gegensatz zur heimischen Wirtschaft. So rechnet die Bundesbank mit einer um 0,1% schwächeren Wirtschaftsleistung für 2023. Die DAX-Konzerne sind hingegen internationaler ausgerichtet. Nicht umsonst gilt Deutschland als Exportnation. Entscheidender sind also die Entwicklungen der maßgeblichen Absatzmärkte. So liegen fast ein Drittel der Umsätze der DAX-Unternehmen in den USA und etwa 15% in China.
Nicht ganz an den DAX-Anstieg kamen die mittleren und kleineren Werte aus den deutschen Indizes heran. Der MDAX gewann +8%, der SDAX +18% und der TecDAX +15%. Ein gewisses Nachholpotential gegenüber dem DAX ist also erkennbar. Im MDAX stieg Redcare Pharmacy (vormals Shop Apotheke) um über 200%. Der Sieger aus dem SDAX ist das auch im TecDAX enthaltene Biopharma-Unternehmen MorphoSys mit knapp +190%.
International zeigten sich die Märkte ebenfalls deutlich erholt. Der Euro Stoxx 50 stieg um 18%. Auch die US-Indizes haben Rekordstände erreicht. Der Dow Jones gewann rund 15%, liegt aber damit noch ein ganzes Stück hinter dem S&P 500 (+26%), dem Nasdaq Composite (+48%) und dem Nasdaq-100 (+58%), der damit sein bestes Jahr seit 1999 verzeichnete. In den USA hat, neben der Aussicht auf Zinssenkungen, insbesondere Künstliche Intelligenz den Kursen Auftrieb gegeben, so dass bestimmte Tech-Werte deutlich outperformed haben. Bestperformer mit rund +240% ist der IT-Hardware-Hersteller Nvidia. Die Chips und Software des Unternehmens eignen sich besonders für KI-Anwendungen.
Bewertungsniveau im DAX stabil
Das KGV im DAX liegt derzeit bei 13,1 (Vorjahr: 13,0). Nur kurzzeitig zum Ende der ersten Jahreshälfte war es auf 15 angestiegen, um dann im Zuge der Korrektur im Oktober zeitweilig auf unter 12 zu fallen. Damit ist der Markt der deutschen Standardwerte aktuell nicht teuer. Im langjährigen Durchschnitt von 30 Jahren liegt das DAX-KGV bei rund 19. Die Dividendenrenditen liegen im DAX unverändert zum Vorjahr bei 2,9%. Bei 35 Unternehmen gab es Ausschüttungen für 2022. Nach wie vor bieten die Automobilhersteller Mercedes-Benz Group und BMW hohe DIVe von aktuell 8,0% und 6,4%.
Das MDAX-KGV hat sich auf 17,7 erhöht (VJ: 13,2). Im TecDAX ist es dagegen auf 15,9 gefallen (VJ: 22,3). Das KGV im Dow Jones ist auf 22,7 gestiegen (VJ: 18,7). Ebenfalls erhöht liegen die KGVs im S&P 500 mit 25,3 (VJ: 20,0) und im Nasdaq mit 26,1 (VJ: 26,9). Aufgrund vielfach herausragender globaler Marktstellungen liegen die Bewertungsniveaus in den US-Indizes traditionell höher.
Gold stieg 2023 auf USD-Basis um 14%. Die Goldpreisschwäche, die sich ab Q2 2023 im Zuge steigender Zinsen abzeichnete, hat inzwischen ein Ende gefunden. In den letzten Wochen hat sich das Edelmetall wieder deutlich erholt und liegt klar über der 2.000 USD Marke je Feinunze. Höhere Nachfrage durch Zentralbanken, aber auch gestiegene geopolitische Risiken mit der Konfliktlage im Nahen Osten erhöhten den Fokus auf Gold als sicheren Anlagehafen. Das höhere Zinsniveau wiegt dagegen momentan schwächer. Im Rohstoffbereich hat sich der Uranpreis mit über 80% Zuwachs im Zuge des globalen Ausbaus der Atomenergie deutlich erhöht. Die Entwicklung bei Lithium kühlt dagegen nun ab. Der Preis für Lithiumcarbonat fiel im Jahresverlauf um über 80%, war davor aber seit Anfang 2022 auf einem langfristig unrealistisch hohem Niveau.
Wachstumsprognose reduziert
Wie schon angesprochen, geht die Bundesbank aktuell für Deutschland von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 0,1% in 2023 aus. Konsumausgaben haben sich angesichts der Inflation deutlich verhaltender entwickelt. Man rechnet mit einer Inflationsrate von 6,1% für 2023. Diese soll sich dann aber in 2024 auf 2,7% mehr als halbieren. Auch höhere Finanzierungskosten durch gestiegene Zinsen dämpfen Investitionsvorhaben und damit die konjunkturelle Entwicklung, auch wenn dies im Sinne der Zentralbanken verläuft, da eine schwächere Nachfrage der Inflation entgegenwirkt. Im Ausblick 2024 geht die Bundesbank von einer Erholung der Wirtschaftsleistung aus. Allerdings hat man die Wachstumsprognose zuletzt von 1,2% auf 0,4% gesenkt. Mittelfristig sieht man wieder stärkeres Wachstum. 2025 sollen es 1,2% und 2026 dann 1,3% sein.
Zinssenkungsphantasie
Im Kampf gegen die Inflation wurden nach und nach die Zinsen durch die Zentralbanken erhöht. Nun geht man davon aus, dass sich in den USA und Europa bei nachlassender Inflation wieder ein Absenkungsspielraum entwickeln könnte. So hatte die FED bereits Zinssenkungen im kommenden Jahr in Aussicht gestellt. Dies hatte die Aktienkurse zum Jahresende bereits beflügelt, weil dadurch Aktien als Anlageform gegenüber festverzinslichen Papieren wieder an Attraktivität gewinnen. Für die FED-Sitzung im März 2024 wird gegenwärtig mit einer Leitzinssenkung spekuliert. Aus dem EZB-Rat waren ähnliche Stimmen zu hören, um wieder höhere Investitionsanreize zu generieren.
Ausblick auf 2024
Die geopolitischen Risiken insbesondere mit dem Ukraine-Krieg und dem Nahostkonflikt werden auch 2024 Einfluss auf die Märkte ausüben. Richtung Jahresende 2024 könnte es durch ein Comeback von Donald Trump in der US-Präsidentschaftswahl im November zudem zu Unruhe im Marktgeschehen kommen. Konjunkturell betrachtet dürfte die deutsche Wirtschaft nur mühsam wieder wachsen. Viele Branchen sind nach wie vor von weiterhin hohen Energiekosten betroffen. Bei rückläufiger Inflation und sinkenden Leitzinsen durch die Notenbanken dürfte sich die konjunkturelle Lage im Jahresverlauf etwas entspannen und dadurch auch positive Impulse auf den Aktienmarkt ausüben. Nach der Kursrallye zum Jahresende 2023 wäre kurzfristig zunächst aber auch eine Abkühlung erwartbar. Fundamental bleiben Umsatzwachstum und Gewinnentwicklung entscheidend. Weiterhin ist der DAX vom Bewertungsniveau aktuell nicht teuer und die Dividendenrenditen sind mitunter recht attraktiv.
WIR WÜNSCHEN EIN GESUNDES, FROHES UND ERFOLGREICHES 2024!
Herzlichst,
Ihr Karl Miller
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